Mit Entscheidungsprämissen arbeiten

von Timm Richter

Entscheidungsprämissen strukturieren die Art, wie Organisationen funktionieren. In einem vorherigen Beitrag haben wir die unterschiedlichen Entscheidungsprämissen vorgestellt. Hier soll es nun darum gehen, wie diese unterschiedlichen Entscheidungsprämissen wirken und worauf man achten könnte, wenn man Organisationen verändern möchte.

Die Funktionsweise von Organisationen verändert sich, wenn sich Entscheidungsprämissen ändern. Dabei bildet die Gesamtheit aller Entscheidungsprämissen eine Konfiguration, es geht immer um das Zusammenspiel aller Entscheidungsprämissen. Dieselbe Entscheidungsprämisse, z.B. der Einsatz von Zielen, kann stark wirken, wenn die persönliche Karriere von Mitarbeitenden von Zielerreichungen abhängt, oder weniger stark, wenn gleichzeitig durch sehr enge Vorgaben der Arbeitsweise (Konditionalprogramme) der Handlungsspielraum von Mitarbeitenden stark eingeschränkt ist. Bei diesem Zusammenspiel, dieser Konfiguration, gibt es – entgegen der verbreiteten Auffassung, dass Organisationen vorwiegend über Zwecke gesteuert werden – kein Primat eines Typs von Entscheidungsprämissen. In der Beratungs- und Führungspraxis kann es jedoch sinnvoll sein, Hypothesen über mögliche Dominanzen einzelnen Prämissen anzustellen: In Familienunternehmen mag die wichtigste Entscheidungsprämisse das Personal sein, grundsätzlich aufgrund einer erwartbar hohen Personenorientierung, vor allem auch, sobald Personen aus dem Eigentümerkreis das Unternehmen leiten. Ähnliches spricht für die hohe Bedeutung von Gründer:innen in der ersten Phase von Start-ups. In Non-Profit-Organisationen ist oft zu beobachten, dass wertgetriebene Zweckprogramme, die einem Purpose dienen sollen, eine große Rolle spielen. Und in Verwaltungsorganisationen werden vielen Entscheidungen konditional programmiert oder haben einem festen Verfahren zu folgen, z.B. um sicher zu gehen, dass Entscheidungen „gerichtsfest“ sind. All dies heißt aber nicht, dass einzig nur diese Prämissen wirken.

Alle Typen von Entscheidungsprämissen sind als funktional äquivalent zu betrachten. Sie schränken Entscheidungsspielräume ein und könnten wechselseitig  ausgetauscht werden: Anstatt z.B. ganz genau (vorher) festzulegen wie die neue Packstation genau mit jeden Paket verfahren soll (Konditionalprogramm: Wenn ein  Paket eingeht, ist es noch am selben Tag weiterzusenden), kann man auch den Zweck definieren (Zweckprogramm: möglichst viele Empfänger sollen  so schnell wie möglich ihre Pakete erhalten, wie das genau umgesetzt wird, ist freigestellt); Stellen können mit verschiedenen Aufgaben und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet werden (formale Kommunikationswege) oder aber es werden Person benannt, die alles weitere eigenständig regeln sollen (Personen). Somit geht es bei der Gestaltung und Änderung von Entscheidungsprämissen immer um deren Komposition, d.h. alle Entscheidungsprämissen müssen in ihrem Zusammenspiel als Konfiguration betrachtet werden. Es liegt auf der Hand, dass es bei einer solchen mitunter anspruchsvollen Koordinationserfordernis nicht möglich ist, Rezepte auszusprechen, wie einzelne Typen von Entscheidungsprämissen wirken oder welche Effekte durch welche Veränderungen erzielt werden. Gleichwohl kann man die unterschiedlichen Typen von Entscheidungsprämissen näher charakterisieren und Hinweise geben, auf welche Aspekte man bei (Re-)Konfigurationen von Entscheidungsprämissen achten könnte. Wir werden bei der folgenden Charakterisierung fünf Aspekte näher betrachten:

  1. Den Grad der Technisierbarkeit, d.h. den Unterschied zwischen fester und loser kausaler Koppelung.
  2. Die Reichweite, d.h. den Unterschied zwischen lokaler und globaler Wirkung.
  3. Die Latenz, also in welchem Maße formal entschieden oder durch informales Handeln irritiert wird.
  4. Die Kohärenz, also in welchem Maße Entscheidungsprämissen unterstützend oder kompensatorisch wirken.
  5. Das Druck- und Machtpotenzial in Richtung Psyche, das aus einem Auseinanderlaufen von Verantwortung und Verantwortlichkeit entsteht.

Personal

Mit Personal kauft man gewissermaßen „die Katze im Sack“ als Entscheidungsprämisse. Die psychischen Dispositionen einzelner Mitglieder sind eher als fest gekoppelt und wenig veränderbar zu betrachten. Hier heißt es also, ins Risiko zu gehen. Ob man über den Wechsel von Personal die Konfiguration von Entscheidungsprämissen ändern kann, hängt auch davon ab, wie fest jeweils die Mitglieder an Organisationen gekoppelt sind. Im deutschen Arbeitsrecht ist die Kopplung eher fest, so dass ein Austausch viel schwerer als z.B. in den USA ist. Anders sieht es bei Vorständen, Geschäftsführungen und leitenden Angestellten aus, die rechtlich viel leichter auswechselbar sind. Grundsätzlich wirkt das Personal über zwei Mechanismen.

Zum einen ist durch die Entscheidungsprämisse Kommunikationswege festgelegt, über welche Kompetenzen die Stelle verfügt, die von einer Person besetzt wird. Je höher in der Hierarchie eine Person ausgetauscht wird, desto größer die Wahrscheinlichkeit (aber nicht Notwendigkeit!), dass die Person Änderungen an den Entscheidungsprämissen vornimmt, die ihrer Persönlichkeit entsprechen. Wird z.B. ein vertriebsorientierter CEO durch den Finanzvorstand ersetzt, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass eher Konditionalprogramme gestärkt werden oder dass stärker über quantitative Ziele und nicht emotionale Ansprachen geführt wird.

Die andere Möglichkeit der Einflussnahme von Personen ist ihre Art zu handeln, was man im Allgemeinen als vorbildhaftes Verhalten (im Guten wie im Schlechten) tituliert. Andere Personen setzen einen anderen Fokus der Aufmerksamkeit und Organisationen merken, was (neuen) Personen wichtig ist. Ohne formale Entscheidungsprämissen zu ändern, können neue Personen die formalen Entscheidungsprämissen informal anders gewichten oder interpretieren. Z.B. wäre es möglich, dass zwar weiterhin Entscheidungen offiziell im Vorstand getroffen werden, eine neue CEO aber informelle Vorabstimmungen verwendet, um Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Oder es wird bei Beförderungen sichtbar, dass die offiziellen Kriterien zwar weiterhin gelten, sie aber inoffiziell unterlaufen werden mit dem Verweis, dass mit neuem Führungspersonal „jetzt ein anderer Wind“ weht. In einem solchen Fall wirkt informelles Verhalten neuen Personals kompensatorisch / subversiv zu den formalen Entscheidungsprämissen. Auch wenn in der Besetzung einer Stelle der Rollenanteil recht hoch ist, so bleibt immer noch Raum für persönliches Wirken.

Es lässt sich feststellen: je umfangreicher die Kompetenzen (formale Kommunikationswege) einer Stelle und je wichtiger informale Entscheidungsprämissen sind, umso so größer sind mögliche Effekte, die mit einem Wechsel des Personals auf dieser Stelle einhergehen. Das bedeutet auch: je kleiner eine Organisation ist und je stärker personenorientiert diese funktioniert, desto größer werden Effekte des Personalwechsels sein. Ein Beispiel hierfür ist das Ausscheiden von Gründer:innen in einer Frühphase von Startups, die in der Regel erhebliche Auswirkungen auf das Startup haben.

Konditionalprogramme

Konditionalprogramme sorgen durch ihre „wenn – dann“ Logik für eine relativ feste Kopplung zwischen Handlungen und Entscheidungen. Sie brennen sozusagen Kausalfolgen fest in die Organisation ein. Sie wirken in der Tendenz spitz und scharf, da sehr konkret Ausgangsbedingungen mit ihren Konsequenzen festgelegt werden. Dies mag alles starr und bürokratisch wirken, sorgt jedoch dafür, dass Wissen in Form von Programmen für Wiederholungen gesichert ist und vorhersehbar gehandelt wird. 

In der Ausgestaltung von Konditionalprogrammen kommt es darauf an, eine gute Balance zwischen Festlegung und Offenheit zu finden. Je präziser diese Programme definiert werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass in konkreten Situationen vom Programm abgewichen werden muss, um auf Unvorgesehenes zu regieren. Mitarbeitende werden dafür verantwortlich gemacht, dass sie sich an das Programm halten. Wenn sie allerdings Dienst nach Vorschrift machen (= das Programm genau befolgen), wird „der Laden“ womöglich nicht laufen. Also lässt man es zu, dass sie (informal) mehr entscheiden, also Verantwortung übernehmen, ohne sie aber dafür verantwortlich machen zu können, denn es ist immer latent die Drohung im Raume, dass die Mitarbeitenden eben nur Dienst nach Vorschrift machen. In diesem Fall sorgt das Auseinanderfallen von Verantwortlichkeit und Verantwortung[1] dafür, dass Mitarbeitende mehr Macht haben.

Aber auch der andere Fall tritt auf. Wenn Mitarbeitende in Unternehmen einmal im Jahr unterschreiben müssen, dass sie sich an die Compliance-Regeln halten, so entlastet sich eine Organisation durch so eine neue Regel von der Verantwortlichkeit für Verstöße gegen interne und gesetzliche Vorgaben. So eine Regel wäre kompensatorisch, wenn gleichzeitig durch hohe Zielerwartungen formal und z.B. Beförderungspraktiken informal Druck gegenüber Mitarbeitenden aufgebaut wird, gegen diese neuen Regeln zu verstoßen. Hier findet dann eine Machtverschiebung zur Organisation statt. 

Wenn man die Absicht hat, Konditionalprogramme zu ändern, so kann man dies direkt entscheiden oder über andere Entscheidungsprämissen einleiten. So wäre es möglich, den Grund von Konditionalprogrammen zu hinterfragen (Fokusverschiebung in Richtung Zweckprogramme) oder aber die Entscheidungsprämisse formale Kommunikationswege dahingehend zu ändern, dass die Entscheidung über die Konditionalprogramme zu delegieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, zunächst für neues Personal zu sorgen, das dann die Konditionalprogrammierung in Frage stellt. Wir sehen hier beispielhaft, wie die unterschiedlichen Entscheidungsprämissen aufeinander bezogen sind und sich gegenseitig beeinflussen.

Zweckprogramme

Ist nicht (mehr) sicher, welches Verhalten der Organisation angemessen ist, so kann man die Festigkeit der Entscheidungsprämissen aufweichen und von Konditional- auf Zweckprogrammierung umstellen. Man stellt dann von einer Vergangenheits- auf eine Zukunftsorientierung um. Dadurch wird mehr Entscheidungsspielraum, also auch Verantwortung an Mitarbeitende übergeben: Es wird nicht mehr eindeutig definiert, was getan werden muss, sobald eine Ausgangsbedingung erfüllt ist, sondern es wird mit unterschiedlicher Genauigkeit umrissen, was erreicht werden soll und was dabei als Mittel verboten ist (alles andere ist erlaubt). Zweckprogramme sind gegenüber Konditionalprogrammen also eher breit und mitunter unscharf formuliert. Je abstrakter die Zweckprogrammierung erfolgt, desto geringer die Steuerungswirkung und desto loser die Kopplung. Von Ziel- über Strategievorgaben hin zu Unternehmenszwecken, Purpose, Missionen und Visionen wird es immer abstrakter. Damit nimmt auch die Steuerungswirkung ab und auch Konflikte bei der Interpretation können zunehmen.  Vollkommen unterschiedliche Verhaltensweisen lassen sich (auf den ersten Blick) mit Verweis auf Zweckprogrammierung rechtfertigen, freilich mit dem Risiko, dass Widersprüche dann bei der Konkretisierung zu Tage treten: „So war das aber nicht gemeint …!“. 

Je konkreter Zweckprogramme formuliert sind, umso mehr Druck können sie auf Mitarbeitende ausüben. Denn die Erreichung der Zwecke kann dann sehr genau überprüft werden, sämtliches Risiko des Ob und Wie der Erreichung wird an die Ausführenden delegiert. Und währenddessen beeinflussen die anderen Entscheidungsprämissen mit, wie die Zweckprogrammierung wirkt – oft negativ. Wird z.B. über Zweckprogrammierung Verantwortlichkeit delegiert, die über Konditionalprogrammierung oder fehlende Kompetenzen eingehegt oder unmöglich gemacht wird, so kann dies zu Handlungsunfähigkeit oder Zynismus führen. Es wird erkennbar: Verzichtet man auf Balancierung von Zweckprogrammen mit anderen Entscheidungsprämissen, so kann es passieren, dass ein Zweck alle Mittel heiligt und es zu unerwünschten Exzessen kommt. Und auch hier gilt also: Entscheidungsprämissen müssen immer in ihrer Gesamtheit, ihrer Komposition betrachtet werden.

Kommunikationswege

Die nächste Stufe der Abstraktion erreicht man, wenn vorwiegend auf Kommunikationswege anstatt Programme gesetzt wird. Es wird dann nicht mehr in der Sache (was und wie Dinge getan werden) entschieden, sondern lediglich festgelegt, wer (das können Stellen oder Gremien sein) welche Entscheidungen auf welche Weise treffen kann, so dass die Entscheidungen als Entscheidungen der Organisation gelten. In dem Fokus auf Kommunikationswege wechselt eine Organisation von der inhaltlichen auf die Prozessebene. Die Festlegung, wann eine Entscheidung einer Organisation eine Entscheidung ist, ist somit eine Festlegung 2. Ordnung. Über eine Veränderung der Kommunikationswege kann eine Organisation sehr weitreichend verändert werden, vor allem in der vertikalen Festlegung, bis zu welcher Ebene welche Entscheidungen eingeständig getroffen werden können, bzw. was zentral entschieden werden muss. 

Und in dem Maße, in dem man auf Programmierung durch Zweck- oder Konditionalprogramme auch in Stellenbeschreibungen verzichtet, werden Teamdynamiken und Personalentscheidungen relevanter, da ohne Vorgaben das Zusammenspiel der Akteure den Ausgang von Entscheidungsprozessen dominiert.

Die Einführung von Agilität beispielsweise verschiebt den Fokus von Programmen auf Kommunikationswege, indem agile Rollen und Prozesse definiert werden. Auch dabei lohnt es sich darauf zu achten, wie konkret mit Verantwortung und Verantwortlichkeit umgegangen wird, z.B. werden Kompetenzbereiche überschritten oder sorgt die Unbestimmtheit durch fehlende Ziele dafür, dass nicht gehandelt wird? Und sorgen formal festgelegte Entscheidungsverfahren wie z.B. Konsens (Einstimmigkeit) oder Konsent (kein Widerspruch), dass informale Hierarchien wichtiger werden?

Kultur und kognitive Routinen

Kommen wir nun zu Prämissen, die wenig leicht zu verändern sind. Kultur und kognitive Routinen sind unentscheidbare Entscheidungsprämissen zu bezeichnen[2]. Sie können immer nur indirekt über die oben genannten entscheidbaren Entscheidungsprämissen oder veränderte (informale) Verhaltensweisen beeinflusst werden – mit ungewissem Ausgang. Sie sind nicht technisierbar, entziehen sich also einer festen formalen Kopplungsmöglichkeit. Gleichwohl haben sie die größte Reichweite, da sie omnipräsent sind und den rahmenden Hintergrund bilden, auf dem die anderen Entscheidungsprämissen ihre Wirkung entfalten.

Bei den Versuchen, auf Kultur und kognitiven Routinen Einfluss zu nehmen, wird sichtbar, wie wichtig Narrative sind, also die Geschichten, die in einer Organisation erzählt werden. Kommt es z.B. im Senior Management zu einem Personalwechsel und zeigt das neue Personal Verhaltensweisen mit hohem Symbolwert für die Organisation, so kann daraus mit einem passenden Narrativ Momentum für eine Veränderung entstehen, das sich dann selbst verstärkt. Ein ähnlicher Effekt kann auch durch strategische Entscheidungen erreicht werden, die als Paradigmenwechsel positioniert werden, z.B. wenn Apple von Apple Computer Inc. in Apple Inc. umbenannt wird oder Satya Nadella, der CEO von Microsoft, das Primat Betriebssystem Windows durch den Fokus auf cloudbasierte Geschäftsmodelle umstellt.

Die Auseinandersetzung mit kognitiven Routinen der Organisation spielt vor allem in der Strategiearbeit eine wesentliche Rolle. Bevor man nämlich anfängt, über die Festlegung oder Änderung von (Zweck)programmen und daraus abgeleiteten Organisationsmaßnahmen – andere Aufbau- und Ablauforganisation oder Personalwechsel – nachzudenken, lohnt es sich, die oft unsichtbaren Grundannahmen für strategische Entscheidungen in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Kognitive Routinen sind die Vorstellungen davon, wie Märkte, Wettbewerber, Kunden und andere relevante Aspekte der relevanten Umwelt ticken und funktionieren. Wenn ein Unternehmen glaubt, dass man in Märkten durch technologischen Vorsprung Erfolg hat, trifft es andere strategische Entscheidungen, als wenn es davon ausgeht, dass Marketing und Vertrieb die entscheidenden Stellhebel sind. Kognitive Routinen werden durch das beeinflusst, was über die „Welt da draußen“ in die Kommunikation der Organisation gelangt. Welche Marktstudien werden gelesen, welche Kundenbefragungen durchgeführt, in welchen Verbänden wird mitgearbeitet und welchen Nachrichtenquellen wird gefolgt? Die Reise eines Vorstandsteams oder von relevanten Mitarbeitenden ins Silicon Valley kann (aber muss nicht) nachhaltig das Bild verändern, wie eine Organisation die Welt sieht – und daraufhin ihre anderen Entscheidungsprämissen womöglich anpasst.

Leitfragen für die Änderung von Entscheidungsprämissen

Wann immer man über eine Änderung der Konfiguration von Entscheidungsprämissen nachdenkt, kann man durch die oben genannten Aspekte hilfreiche Leitfragen identifizieren:

  • Wo verfügen wir über sicheres Wissen und wo gibt es unbedingte Notwendigkeiten, die durch sehr engführende Konditionalprogramme festgeschrieben werden können oder müssen?
  • Wie eng bzw. mit wieviel Spielraum sollen Programme generell angelegt werden?
  • Welche Vorstellungen über die Zukunft sind uns so wichtig, dass sie in Zweckprogrammen festgehalten werden sollen?
  • Wenn Zweckprogramme eingerichtet werden, wie sorgt durch einen angemessenen Umgang mit möglichen Fehlern dafür, das die Mitarbeiter ins Risiko der Selbstauslegung gehen?
  • Was ist die zu betrachtende Einheit, in der eine Rekonfiguration von Entscheidungsprämissen erreicht werden soll? Ist eine Abgrenzung (sachlich, zeitlich, sozial) möglich und sinnvoll? Je kleiner die Einheit, desto stärker die Wirkung von Personaländerungen.
  • In welchem Maße ist eine Unabhängigkeit von Einzelpersonen sichergestellt und inwieweit wollen wir umgekehrt Persönlichkeiten ermutigen, ihre einzigartigen Ressourcen einzubringen?
  • Welche Entscheidungsprämissen müssen gestärkt, welche geschwächt werden? …
  • … Und erreicht man dies eher durch formale Entscheidungen oder durch Fokus auf informales Handeln?
  • Wenn man die Änderung von Entscheidungsprämissen durch informales Verhalten irritiert, wer bekommt das wie mit? Und was würde die Adaption fördern bzw. hindern? 
  • In welchem Maße zielen alle wesentlichen Entscheidungsprämissen in die gleiche Richtung oder widersprechen sich? Braucht es mehr Harmonisierung oder mehr Check & Balances?
  • Wo laufen heute Verantwortung und Verantwortlichkeit wie auseinander?
  • In welche Richtung würden angedachte Veränderungen bei der Konfiguration von Entscheidungsprämissen das Verhältnis von Verantwortung und Verantwortlichkeit ändern?

Veränderungen in Organisationen, so die These, vollziehen sich über Änderungen von Entscheidungsprämissen. Wenn auch jede Organisation einzigartig ist, so gibt es gleichwohl Muster der Veränderungen, die sich über Organisationen hinweg wiederholen. Beispiele, für die man Muster vermuten kann, sind: Nachfolgen in Familienunternehmen, Wachstum von erfolgreichen Startups, agile Transformationen von Großunternehmen oder die Modernisierung von Verwaltung. Mehr dazu in einem Teil 3 dieser Mini-Serie zu Entscheidungsprämissen.


[1] Vgl. Richter/Groth: »Wirksam führen mit Systemtheorie«, S. 116ff (2023).

[2] Mehr Information zur Definition von Kultur und kognitiven Routinen im ersten Beitrag dieser Reihe, »Entscheidungsprämissen leicht gemacht«